“Budapest duftet nach Kaffee“
Die Fotoausstellung im Museum für Handel und Gastronomie entführt bis zum 10. Mai 2007 in die angenehme Kaffeehaus-Atmosphäre Budapests.
Die Bilder stammen von Aliona Frankl und Géza Nagy. Ungarn ist berühmt für seine Kaffee-Kultur – ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder in richtigen Kaffeehäusern. Das war aber nicht immer so, erfährt der Besucher der Ausstellung ,,Café?! – Varianten und Veränderungen“. Vor allem mithilfe von Fotografien, aber auch durch alte Gegenstände soll das Publikum Geschichte und Gegenwart der Budapester Kaffeehauskultur kennen lernen.
Mit der türkischen Herrschaft hielt der Kaffee Einzug nach Ungarn, aber wirklich beliebt wurde die so genannte ,,schwarze Suppe“ erst zwei Jahrhunderte später: Im 19. Jahrhundert tauchten die ersten Pester Kaffeehäuser auf, die eine Zwischenlösung zwischen den alten und einfach eingerichteten östlichen Cafés und den reichen und bürgerlich eingerichteten westlichen Lokalen bildeten. Das Café als Obdach “Jede Stadt hat ihren charakteristischen Geruch. In Wien duftet es nach süßem Gebäck und in Budapest nach Kaffee“, sagte einmal Dezs Kosztolányi (1885-1936), einer der berühmtesten ungarischen Dichter. Künstler wie er verhalfen den Budapester Cafés zu einem Ruhm, der über die Landesgrenzen hinaus reichte. Deshalb verbinden auch viele den Begriff der Budapester Kaffeehauskultur automatisch mit Künstlern . Dieses Missverständnis klärt die Ausstellung auf: Wie die Bilder deutlich zeigen, gaben die Cafés nicht nur Publizisten, Autoren und Dichtern Obhut. In den Kaffeehäusern war jede Schicht vertreten – vom einfachen Arbeiter bis hin zum Aristokraten. Vor allem die Ärmsten, die Untermieter und die so genannten Bettgänger freuten sich über Kaffeehäuser, wo sie für den Preis eines einzigen Kaffees stundenlang in warmen und hellen Räumlichkeiten sitzen und die Zeitungen lesen konnten. Auch auf die Frage, weshalb die traditionellen Kaffeehäuser so geräumig sind, bietet die Ausstellung exakte Antworten. Um ein Kaffeehaus zu eröffnen, mussten einige Bedingungen erfüllt werden: Das Lokal musste beispielsweise mindestens vier Meter hohe Decken, eine mindestens 120 Quadratmeter große Fläche an der Straßenfront und zwei Billardtische aufweisen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Budapest die schnelle Variante der gemütlichen Kaffeehäuser: der so genannte ,,Eszpresszó“. Man hatte keine Zeit mehr für langes Herumsitzen und Zeitunglesen. Stattdessen gingen die Kunden nur auf einen schnellen Espresso vor und nach der Arbeit ins ,,Eszpresszó“. Das Ziel war Funktionalität. Die berühmte Kaffeehauskultur erlebte während des Sozialismus einen regelrechten Niedergang. Die bürgerliche Einrichtung wurde durch Plastik und Metall abgelöst, die zuvorkommenden Kellner durch freundliche Barfrauen. Im Schaufenster lockten Leuchtreklamen die Gäste an. Der Großteil der klassischen Kaffeehäuser wurde geschlossen oder umgestaltet.
Wiedergeburt der Kaffeehauskultur
Erst in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – nach der politischen Wende – begann wieder eine Blütezeit für die traditionellen Cafés. Die Stadt sehnte sich nach ihrer Kaffeehauskultur zurück, alte Lokale wurden renoviert und wiedereröffnet, andere neu eröffnet. Regelrechte Gastronomiemeilen entstanden in der Ráday utca und auf dem Liszt Ferenc tér. Die berühmten Kaffeehäuser Centrál, New York und Astoria erscheinen in neuem Glanz. Die Ausstellung versucht, die Atmosphäre nicht nur durch Bilder zu vermitteln, sie präsentiert auch traditionelle Gegenstände und Möbelstücke aus alten Cafés. Die kleinen runden Tische, Holzstühle, zeitgenössische vergilbte Zeitungen und leichte Musik nehmen den Besucher mit auf eine Zeitreise in das Budapest der Jahrhundertwende. Der Kaffee im Museum wird übrigens kostenlos serviert, denn für die Betreibung eines richtigen Cafés hat das Museum noch keine Lizenz erhalten.
Café?! – Varianten und Veränderungen
Ungarisches Museum für Handel und Gastronomie V. Szent István tér 15 (neben der Basilika) Geöffnet bis zum 10. Mai 2007
Nähere Infos unter. www.mkvm.hu
Quelle: www.budapester.hu